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Black Rebel Motorcycle Club: Fehler im System

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Black Rebel Motorcycle Club: Fehler im System

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Black Rebel Motorcycle Club 2017Sie sind einfach nicht unterzukriegen – das hat das kalifornische Trio schon das eine oder andere Mal ziemlich lautstark unter Beweis gestellt. Mit seinem neuen Longplayer meldet sich der unzerstörbare Black Rebel Motorcycle Club nun zurück wie der Phönix aus der Asche!

Mit seinem unverschnörkelten Sound irgendwo zwischen The Velvet Underground, The Jesus And Mary Chain und den frühen Rolling Stones war der Black Rebel Motorcycle Club Anfang der 2000er eine der ersten Formationen, die der Rockmusik genau die Art von unzähmbarer Energie, Unberechenbarkeit, Gefahr und vor allem Coolness zurück brachte, die das Genre mit familienfreundlichen Easy-Listening-Formationen wie Nickelback und Co. eingebüßt hatte. Gleichzeitig dient die berüchtigte Dreiertruppe trotz großartiger Alben wie HOWL oder BABY 81 bis heute als bestes Anschauungsbeispiel dafür, wie verdammt nahe künstlerischer Erfolg und private Dramen manchmal beieinander liegen: So stellten Drogenprobleme, Besetzungswechsel, bandnahe Todesfälle, eine schwere Hirnkrankheit von Schlagzeugerin Leah und schließlich ein kapitales Burn-Out-Syndrom den Rebellenverein vor immer neue Herausforderungen.

Nachdem das US-Trio fast fünf Jahre Zeit brauchte, sich zu sammeln, veröffentlicht der Black Rebel Motorcycle Club Mitte Januar mit WRONG CREATURES ein erfreulich starkes Album! Peter Hayes (Gesang, Gitarre), Robert Levon Been (Gesang, Bass, Gitarre) und Leah Shapiro (Schlagzeug) im Gespräch über kreativen Druck, notorische Realitätsverweigerung und die Zwiesprache mit dem Tod.

Eurer letztes Album SPECTER AT THE FEAST war stark vom Tod von Roberts Vater geprägt, der der Band sehr nahe stand. Obwohl auch WRONG CREATURES in Teilen sehr düster und atmosphärisch ausgefallen ist, herrscht doch eine andere, positivere Art von Energie…
Peter Hayes: Das ist richtig, wobei die ganz persönliche Interpretation natürlich auch vom je­­weiligen Hörer abhängt. Dem letzten Album liegt eine ganz spezielle Entstehungsgeschichte zugrunde, die sich definitiv auch in der Musik niedergeschlagen hat.

Wobei auch die neue Platte unter besonderen Umständen entstanden ist: Leah musste sich einer komplizierten Hirnoperation mit ungewissem Ausgang unterziehen, danach folgte eine Art kollektiver Burnout!
Leah Shapiro: Es nützt nichts, sich im Nachhinein darüber zu beklagen. Wir hatten auf der anderen Seite auch viel Spaß während der Arbeiten. Es war nicht alles nur negativ. Man könnte sagen, es hätte phasenweise ein wenig besser laufen dürfen. Ge­­rade meine Operation war nicht gerade ein Zuckerschlecken. Doch so ist es nun einmal. Im Grunde genommen ist eine Band wie eine Ehe mit zu vielen Partnern. Besonders unsere Band.

Robert Levon Been: Plattenaufnahmen waren für uns schon immer so, als wäre man nach einem Flugzeugabsturz gemeinsam auf einer einsamen Insel gestrandet. Man denkt nicht sofort: Oh geil, was für ein schöner Extra-Urlaub oder sieht diese Insel mit den gleichen Augen, mit denen sie von Touristen gesehen wird, die freiwillig dorthin kommen. Man überlegt sich, wie man irgendwie das Beste daraus macht. Außerdem setzt man sich bei jeder neuen Platte wieder unter Druck, etwas Bleibendes zu erschaffen. Ich habe das Gefühl, viele Bands geben sich diese Mühe nicht mehr. In meinen Augen echte Zeitverschwender…

Gab es zwischendurch Überlegungen, die Band angesichts derartiger Probleme aufzulösen oder andere Konsequenzen zu ziehen?
Peter Hayes: Wir haben es untereinander niemals laut ausgesprochen. Gedanklich hat sich sicher jeder von uns mit der Frage beschäftigt: Was wäre, wenn…? Wobei die Konsequenzen für Leah weitaus größer gewesen wären als für Ro­­bert und mich.

Leah Shapiro: Ich habe noch nie darüber gesprochen, aber in meinem persönlichen Worst-Case-Szenario hätte ich meinen Nachfolger aussuchen wollen, falls es hart auf hart gekommen wäre. Ich hätte nicht mit ansehen können, durch irgendeinen mittelmäßigen Trommler ersetzt zu werden. Obwohl die OP super verlaufen ist, habe ich die Krankheit damit noch nicht besiegt. Selbst Jahre später können noch Komplikationen auftreten. Gerade, wenn man sich wie ich mindestens fünf Stunden am Tag an den Drums verausgabt.

Auch der Albumtitel WRONG CREATURES beschäftigt sich offenbar mit dem Umstand, auf irgendeine Weise eine besondere Bürde zu tragen.
Robert Levon Been: Es geht um das Gefühl, in sich gefangen zu sein und sich selbst nicht entkommen zu können. Egal, wie sehr man es auch versucht. Dieser Gedanke zieht sich in verschiedenen Formen durch das gesamte Album. Vielleicht sind wir ja gar nicht diese edelmütigen, zivilisierten Geschöpfe, für die wir uns halten? Vielleicht sind wir im Grunde nicht besser als ein paar Schweine, die sich im Matsch und in ihrer eigenen Scheiße um die größten Essensabfälle streiten? Es heißt immer, Gott hätte den Menschen nach seinem Ebenbild erschaffen. Doch vielleicht ist ihm dabei ein schrecklicher Konstruktionsfehler unterlaufen. Wir sind ein Fehler im System der Schöpfung.

Gerade bei euch in Amerika ein heißes Streitthema in Kreationistenkreisen, die die Evolutionstheorie vehement bestreiten…
Leah Shapiro: Ich hatte vor ein paar Tagen sogar eine richtige Panikattacke, was wir uns mit diesem Albumkonzept aufgeladen haben! Wir sahen uns eine Diskussion mit diesen Typen im Fernsehen und ihre wirren Thesen an, wir wären alle „Gottes Kinder“. Falls es aber tatsächlich irgendwelche Schwachmaten geben sollte, die unsere Platte ernsthaft auf diese Art interpretieren, würde ich sofort anfangen, Spenden zu sammeln, um diesen notorischen Realitätsverweigerern eine solide Allgemeinbildung zu finanzieren. Wir gründen die WRONG-CREATURES-Stiftung für Unbelehrbare.

Je älter du wirst, desto zynischer scheinen deine Texte zu werden. Oder?
Robert Levon Been: Ich hoffe doch sehr, dass mein Zynismus schon immer sehr deutlich wurde. Aber im Ernst: Ich denke, man sollte in seiner Aussage nicht zu eindimensional werden, sonst wird es schnell berechenbar und langweilig. Eine Art von Kontrast ist sehr wichtig, um die Spannung zu halten. Wenn ich Texte schreibe, lässt sich das mit einem inneren Kampf vergleichen. Ich behaupte etwas und widerspreche mir im nächsten Moment selbst. Alles im Leben hat verschiedene Seiten. In den meisten Fällen be­­kommt man diese verschiedenen Facetten nicht unter einen Hut und bleibt in gewisser Hinsicht immer unzufrieden. Um diese von purer Schizophrenie getriebene Suche nach Perfektion geht es mir.

Peter Hayes: Viele meiner Texte stellen eine Zwiesprache mit dem Tod dar und strotzen nur so vor schwarzem Humor. Ich schätze, diese Art von Unterhaltung führen wir alle irgendwann. Ich glaube, das hilft mir auf gewisse Weise, die Tatsache zu verarbeiten, dass wir alle irgendwann einmal gehen müssen.

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