25 Platten hat Pete Agnew, Bassist und einzig verbliebenes Gründungsmitglied von Nazareth, inzwischen mit seiner Kombo gemacht. SURVIVING THE LAW heißt der jüngste Streich der Band, die aktuell aus Pete, seinem Sohn Lee, Gitarrist Jimmy Murrison und Sänger Carl Sentance besteht. Im Interview mit CLASSIC ROCK gibt sich das schottische Urgestein locker und freundlich und beantwortet mit seinem manchmal nur schwer zu dechiffrierenden Akzent alle Fragen zu dem neuen, 14 Songs starken Album.
Pete, wie hast du die Pandemie verbracht?
Ach, nur damit, verrückt zu werden. (lacht) Und ich hatte viel Zeit, um Songs zu schreiben. Im Endeffekt sammelst du schon Ideen für das nächste Album, sobald das alte im Kasten ist. Das wurde nun verstärkt. Alleine in den ersten sechs Monaten hatte Jimmy mir zwölf Demos geschickt, du kannst dir vorstellen, wie es um seine psychische Gesundheit stand. Wir bündelten all unsere Energie im Songwriting. Trotzdem war das am Ende etwas langweilig für mich, ich bin es gewohnt, unterwegs zu sein.
Woraus habt ihr in diesen isolierten Zeiten kreativ geschöpft?
Eigentlich fliegen mir auf Reisen viele Ideen zu, wir sind immer in Bewegung und das stimuliert mich. Bei SURVIVING THE LAW ging das nicht, ich saß daheim im Studio. Die Situation war also sehr anders. Das ist nicht absichtlich eine Pandemieplatte geworden, aber die aktuellen Umstände beeinflussen dein Schaffen. Wenn du sechs Monate im Knast sitzt, wird deine Musik das widerspiegeln. Und fast war es ja ein bisschen wie im Gefängnis. Von meiner Seite kamen deswegen viele Vorschläge, die introspektiver waren als sonst. Als es ans Aufnehmen ging, passten meine Ideen nicht so gut zur Atmosphäre des anderen Materials. Der einzige Track aus dieser Reihe auf dem Album ist ›You Made Me‹, weil er sofort allen gefiel. Das ist unsere 25. LP, ich habe die Vocals zu dem Song an meinem 75. Geburtstag aufgenommen. Das erschien mir passend.
Dass die Umstände das Album beeinflussen, hört man auch an Tracks wie ›Strange Days‹ oder ›Waiting For The World To End‹.
Absolut, es geht teilweise schon etwas düsterer und auch sehr heavy zu. Die beiden Songs entstanden lustigerweise unabhängig voneinander, einer stammt von Lee, einer von Jimmy. Darin zeigt sich einmal mehr, wie stark das Außen das Bandinnere beeinflusst.
Wer hatte die Idee für den Titel?
Das war ich. Jeden Tag werden hunderte von Gesetzen durchgeboxt. Das bekommt man gar nicht mit, trotzdem muss man sich daran halten. Mit dem Brexit und der Pandemie hat sich das verstärkt, wir als Band müssen Vieles beachten. Deep Purple veröffentlichten ja TURNING TO CRIME und ich dachte mir nur: Bei uns ist es ähnlich, wir versuchen, diesen Gesetzesdschungel zu überleben.
Erhält eure neue Musik dieselben Chancen wie die Hits aus den Blütezeiten?
Nein, auf gar keinen Fall. Wir sind Nazareth, eine alte Band, und so sind wir im Denken der Menschen verankert. Wenn man unsere neue Musik ohne Vorwissen hören würde, wäre das vielleicht anders. Aber hey, ich beschwere mich nicht darüber. Ich bin einfach nur glücklich, dass ich immer noch Alben machen darf. Das hier ist Nummer 25, stell dir das nur mal vor! Und ich spreche mit einer deutschen Journalistin darüber, so ver
bockt habe ich es also wohl nicht!
Ich finde es bemerkenswert, dass ihr immer noch so hungrig und gut drauf seid.
Das liegt daran, dass wir uns auf jedes neue Abenteuer freuen. Jede Tour, jeden Termin im Studio. Wir gehen nie zurück, wir versuchen immer, uns nach vorne zu bewegen. Es gibt keine Grenzen, deswegen bleibt es spannend. Wir wissen vorher nie, wie ein neues Album klingen wird.