Kansas Records, Italien, 1972, ca. 4.500 €
I Flashmen aus Italien fingen als melodische Popband an und veröffentlichten 1970 ihr Debüt CERCANDO LA VITA. Das war ein kompetentes Album mit Prog-Tendenzen, aber relativ zahm und ohne echte Highlights. Mit PENSANDO von 1972 legten sie dann aber einen ungleich gelungeneren Nachfolger vor. Im italienischen Progrock-Boom jener Zeit experimentierten so viele Bands, dass viele kaum wahrgenommen wurden. Mit dem Ergebnis, dass PENSANDO ein extrem seltenes Artefakt ist und viele der größten Händler und Sammler weltweit nie ein Exemplar davon zu Gesicht bekommen haben. Vermutlich in einer sehr kleinen Auflage gepresst, erzielt das Album heute astronomische Preise. Musikalisch hat es alle Zutaten des klassischen Italo-Prog jener Ära: emotionalen Gesang, unheimliche Melodien, laute Gitarren, wunderschöne Orgelklänge etc. In Sachen komplexe Prog-Strukturen hält es sich zurück, doch der Vibe ist belebend und die Qualität des Spiels ist durchgehend hervorragend.
Den Anfang macht das doomige Prog-Intro ›Ingresso‹ (Eingang), während das letzte Stück vielleicht nicht unbedingt überraschend ›Sortie‹ (Ausgang) betitelt ist. Was dazwischen passiert, ist aber abwechslungsreich und gut gemacht. Das erste richtige Stück heißt ›Ma per colpa di chi?‹ und ist sehr intensiv mit einer verzerrten Orgel und dramatischen Vocals. ›Amo mia madre‹ ist eher entspannter Latin-Rock mit einem launischen Spannungsaufbau, Falsettgesang und einem knackigen Gitarrensolo. ›Maria‹ wiederum ist grandioser früher Doom-Metal mit einer unheimlichen Hammondorgel, langsamen, wuchtigen Gitarrenakkorden und geisterhaften Vocals, während ›Sogni e delusioni‹ mit Killer-Riffs und maschinenge- wehrartigem Schlagzeug begeistert. Unterm Strich klingt das alles wie eine Mischung aus Deep Purple und den frühen Atomic Rooster. (Lee Dorian)